Johannes Anders
Musik - Journalist

Das kreative Potential spontanen Duo-Spiels:

Lucas Niggli und Jacques Demierre in der Zürcher Werkstatt für Improvisierte Musik (WIM)

Sie hatten noch nie vorher zusammengespielt, der Schlagzeuger und Perkussionist Lucas Niggli und der Genfer Pianist Jacques Demierre, und dem Konzert in der Zürcher Werkstatt für Improvisierte Musik (WIM, 6.3.01) gingen auch keinerlei Absprachen oder Proben voraus. Phänomenal und spannend bis zur letzten Zugabe war, wie selbstverständlich wirkend die beiden mit Klangereignissen, Spannungsbögen, mit formalen Patterns zwischen punktuellen Einzeltonereignissen und virtuosem Variieren von Motivketten spielten, wie sicher die beiden Interaktionen, aber auch Solo Flights aufbauten, von aufregenden Crescendo-Eruptionen bis zu an die Hörschwelle absoluter Stille reduzierten Klängen. Faszinierende Entdeckungen konnte man aber auch im Bereich ungewohnter Geräuschkreationen machen, auch wenn man das weite Feld von Möglichkeiten kennt, auf dem sich beispielsweise Pierre Favre und Irène Schweizer souverän bewegen. Jacques Demierre gelingt es nicht nur im Innern des Flügels oder am Korpus des Instruments, sondern beispielsweise auch mit kraftvollem, rhythmischem Betätigen der Pedale, neue Noise-Muster einzubringen und auch Lucas Niggli erfindet am herkömmlichen Drum Set wie auch mit allerhand zusätzlichen Utensilien neue Sounds. Dass das alles nicht wie eine Vielzahl willkürlich aneinander gereihter Effekte oder gar als chaotischer Klang- und Geräuschmix wirkte, sondern man bei aller Spontaneität und energiegeladener Expressivität den Eindruck von einem alles durchdringenden Form- und Strukturbewusstsein bekam, von einem „Instant Composing" im besten Sinne, das alles hängt natürlich damit zusammen, dass beide Spieler nicht nur herausragende Improvisatoren, sondern auch als inspirierte Komponisten tätig sind. Schade, dass diese einzigartige Premiere nicht in Studioqualität aufgezeichnet werden konnte, denn das hätte eine hervorragende CD-Edition ergeben, wie man sie in dieser Intensität kaum vorausplanen kann.  

Johannes Anders

 

© JAZZ 'N' MORE - 2/2001



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