Offener Brief zum Thema

Vorschautexte und Konzertberichte

 

 

Liebe Kollegen,

zum kürzlich im JAZZ 'N' MORE (Nr. 4 und 5/2005) angerissenen Thema Vorschautexte und Konzertberichte vom gleichen Schreiber möchte ich Folgendes bemerken:

Es sind ja zwei Aufgabenstellungen: Einen Programmhefttext verfassen und eine eventuelle Konzertkritik schreiben. Meiner Meinung nach schliesst sich das überhaupt nicht aus und man sollte die beiden Vorhaben nicht vermischen! Erstens ist ja der Sinn eines Programmhefttextes nicht, die potentiellen Besucher auf eventuell zu erwartende, aber zumeist nicht zwingend in Erscheinung tretenden Schwächen und Unzulänglichkeiten der vorzustellenden Bands/MusikerInnen aufmerksam zu machen, sondern Interesse für sie zu wecken. Und angesprochen werden mit derartigen Texten ja in erster Linie nicht Insider und Spezialisten sondern Leser, die die Musiker/Bands noch nicht oder noch nicht gut kennen. Und wenn dann noch genügend Platz zur Verfügung stehen sollte (was selten vorkommt), kann man auch noch musikalische Einordnungen vornehmen und diesbezügliche Aktivitäten aufzählen (wie sie oft zur Genüge in PR-Texten und CD-Boolets oder in Jazzlexica nachzulesen sind.)   

 

Da ja Musiker Menschen und keine Maschinen sind und auch mal schlechte Tage, gesundheitliche Probleme und/oder Folgeerscheinungen von Tourneestress  usw. haben können, vielleicht aber auch unerwartete zutage tretende Alterserscheinungen, kann es dann durchaus sein, dass sie der Ankündigung im Programmheft nicht ganz entsprechen oder im schlimmsten Falle vielleicht sogar einen katastrophalen Eindruck hinterlassen. Dass darf der Programmheft-Textschreiber dann im nachhinein durchaus beschreiben, ohne unglaubwürdig zu sein, denn wie gesagt: eine Vorschau ist etwas anderes als ein Text, der sich auf das unmittelbare Ereignis bezieht. Ich finde es sogar begrüssenswert, wenn die beiden Aufgaben vom selben Autor ausgeführt werden, denn der hat, auch weil er sich zwangsläufig mit Personen und Materie beschäftigt hat, den besten Überblick über Vergangenheit und Gegenwart, über Erwartungshaltungen und tatsächlich eingetretene Ereignisse, über "Gut und Böse", ist also, kurz gesagt, kompetent.  

Herzlich 

Johannes

(im November 2005)