Johannes Anders
Musik - Journalist

SUSANNE ABBUEHL

"Compass"

Susanne Abbuehl (voice), Wolfert Brederode (p),

Christof May + Michel Portal (cl),  Lucas Niggli (dr)

(ECM 1906 - 9871934 / Phonag)  

 



Schon mit ihrer ersten, im September 2001 erschienenen ECM-CD "April" löste die schweizerisch-holländische Sängerin ein überraschend grosses internationales Echo aus. Mit der Edition "Compass", die unter der Regie von Manfred Eicher ebenfalls in Oslo aufgenommen wurde,  dringt die Jeanne Lee-Schülerin noch tiefer in ihre ganz persönlichen musikalisch-lyrischen Gesangswelten ein, mit eigenen Songs sowie Texten, die sowohl von ihr selbst wie beispielsweise von James Joyce stammen, mit Kompositionen wie der wunderbaren, vom Gil Evans-Album "Out Of the Cool" her bekannten Ballade "Where Flamingos Fly", mit "Childrens Song No. 1" von Chick Coreas gleichnamigem ECM-Album, dem alten französischen Volkslied "La Fiolairé", das sie durch Luciano Berios Adaptionen seines "Folk Songs"-Zyklus kennenlernte, aber auch "A Call For All Demons" von Sun  Ra. Zwar gibt es diesmal kein Ragastück, ihre Auseinandersetzung mit indisches Musik ist aber weiter spürbar. Das Erstaunlichste dieser Gesangskreationen ist, dass sie nie aufgesetzt wirken, sie fernab jeglicher modisch-verträumten Melodieseligkeit und pseudohafter Romantik- und Versponnenheitsattitüde interpretiert werden, die Abbuehl mit ihrer ganz eigenen Melodik und textbezogenen Melancholie atmosphärisch dichte, eindringliche Stimmungsbilder vermittelt.Höchst eindrücklich dabei, wie einfühlsam und kreativ ihre Mitspieler kooperieren, z.B. ihr langjähriger Pianist Wolfert Brederode mit sensiblen Untermalungen, oder, wenn Stimme und Klarinetten zu berückenden polyphonen Klanggeflechten zusammenwachsen, und nicht zuletzt Lucas Niggli, der zarte Rhythmus- und Geräuschfiguren dazumischt, wobei klar ist, dass diese ganz spezielle Musik nicht jedermanns Geschmack treffen kann. ja


 © JAZZ 'N' MORE - 3/2006



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